XLIX. Liebesbrief
Angebetete Alma, Dein Brief vom 14. Dezember ist mir am anderen Morgen des Tages zugekommen, an welchem ich den meinigen vom 17. absandte. Ich habe Dir schmerzhafte Gefühle verursacht, Dir, die kaum von einer gefährlichen Krankheit erstanden ist; und in meiner Ungeduld beschuldigte ich Dich, mich vergessen zu haben. Ich werde von jetzt an meine Empfindungen, meine Hoffnungen, meine Wünsche zu unterdrücken wissen; sie sollen in der Tiefe meiner Seele verschlossen bleiben, und nur bei Deiner Stimme, auf Deinen Willen sich äußern dürfen. Du hast vollkommen wohl daran getan, liebe Freundin, Dein Engagement in Paris zu erneuern; der Beifall der ersten Hauptstadt der Welt gebührt der entzückendsten Künstlerin des Weltalls. Ja, teure Alma, so lange Du der theatralischen Laufbahn folgst, ist Paris der einzige Ort, der für Dich passend ist; dort findest Du die größten Vorteile und die geringsten Anstrengungen. Die anderen Hauptstädte mögen gut sein, um dort einige Monate zuzubringen, aber nicht, um dort ein langes Engagement anzunehmen. Du sagst mir, meine sehr liebe Alma, dass, wenn ich das Unglück hätte, Dich zu überleben, ich mich erhalten müsste, "weil dann vielleicht das Glück für mich blühen würde." Ach, meine Alma, nimm dies? entsetzlichen Worte zurück. Wenn Du wirklich glaubst, dass ich, nachdem ich Dich verloren habe, noch irgend eines Gutes auf der Erde genießen könnte, dann hat meine Liebe sich Dir nie verständlich zu machen gewusst! Höre mich, ich spreche heute mit kaltem Blute. Gott hat, als er meinem Herzen eine solche Liebe eingab, dadurch selbst seinen Willen an den Tag gelegt, dass Nichts mir meine Alma ersetzen könnte. Wie! Du wärest im Grabe und ich sollte das Glück suchen! glaubst Du, dass wenn nach einem solchen Verluste, mein Dasein verlängert würde, ich meine Gedanken auf die Sorgen dieser Welt herabstimmen könnte? Du fragst mich, wie ich es habe wissen oder vielmehr erraten können, dass Dein Kontrakt am 11. unterzeichnet worden ist? Meine geliebte Alma, die außerordentliche Liebe, welche Du mir einstoßest, hat mir einen erstaunlichen Hellblick für Alles, was Dich betrifft, gegeben; erinnerst Du Dich, dass ich Dir mehrere Male gesagt und geschrieben habe, wie ich eine unüberwindliche Furcht hätte, dass Dir ein Unfall im Wagen zustoßen könnte; das Voraussehen einer solchen Art von Gefahr für Dich, drängte sich mir jedes Mal auf, wenn Du reisen solltest, und endlich ist es unglücklicherweise eingetroffen. - Eine zweite Befürchtung, welche mir einen Schrecken einflößt, den ich nicht unterdrücken kann, ist der Gedanke eines Engagements für Dich in ... - Ich will Dir nicht andere merkwürdige und sonderbare Einzelheiten über diese Art der Verbindung meiner Seele mit Allem, was Dir zustößt, erzählen, denn Du würdest sie für Visionen eines Adepten des magnetischen Somnambulismus halten. Durch einen Traum ist mir das Vorgefühl des Datums Deines Engagements offenbart worden, und ich habe es mir angemerkt. Lebe wohl, meine Allerteuerste. M... dankt Dir zärtlich dafür, dass Du Dich ihrer erinnert hast; ich habe ihr einen Teil Deines Briefes zu lesen gegeben, worin Du Die Teilnahme aussprichst, welche Du für sie hegst. Du hast in ihr eine wahre und mitfühlende Freundin ...