XXXI. Liebesbrief





Meine angebetete Alma, so eben bringt man mir Deinen Brief von B... Was für ein Engel bist Du, ich bete Dich an und bewundere Dich! Wie entrüstet bin ich gegen mich, des so oft wiederholten Unrechts und des Verdachtes wegen, den man in meinem Herzen angefacht hat! Du hast ohne Zweifel meine Briefe von ... erhalten; indem Du sie gelesen, konntest Du bemerken, wie sehr meine Liebe, meine Freundschaft, meine Achtung für Dich mit den schmerzhaften Einflüsterungen kämpften, welche ich nicht zurückweisen konnte, noch die Kräfte dazu hatte, und ich wurde von einem Versprechen gebunden, welches mir verbot, Dir die Ursachen dessen zu enthüllen, was ich empfand. Ach! was habe ich in dieser unerträglichen Lage gelitten! Jetzt, Dank sei es einer Frage, die Du an mich richtest besteht die Bedingung meines Stillschweigens nicht mehr, und ich darf Alles sagen. Höre daher meine Freundin, und richte mich. Setze Dich, Alma, an meine Stelle; würdest Du nicht in dem nämlichen Falle, wenn Dir aus einer solchen Quelle eine vertraute Mitteilung gemacht würde, wie ich gelitten, und den Folgen, welche man daraus zog, beigestimmt haben? Ich würde Worten, die Deinen Charakter angegriffen hätten, keinen Glauben geschenkt haben, aber was man mir sagte, tat Deinem Herzen kein Unrecht; daher war ich fast gewiss, dass Du unter der Herrschaft einer schlecht verstandenen Pflicht und unter Befürchtungen, die Du nicht besiegen konntest, die Freundschaft die Du mir versprochen, unfreiwillig verrietest. In diesem Übermaße des Schmerzes habe ich Dir eine Reihe von Briefen voll bitterer Gedanken geschrieben, als der Zufall mich von N... begegnen ließ, dem es der Himmel einzugeben schien, mir nachzukommen, und mir, ohne daran zu denken, köstliche Tröstungen zu bringen. Er war vor kurzem von Paris zurückgekommen, hatte Dich gesehen, und sprach mit Bewunderung von Dir. Die unverwerflichen Nachrichten, welche er mir gegeben, sind meine teuerste Stütze geworden. Ich habe die Torheit erkannt, an Dir zu zweifeln, und mich, auf gewisse Weise, freiwillig so vielem Kummer hingegeben zu haben. Alma, tue was Dir am passendsten scheint für Deine Erfolge, für Dein Glück. Welches die Gründe auch sein mögen, die dem Benehmen von ... zur Triebfeder dienten, so muss man doch berücksichtigen, dass sie wusste, wie sehr ich Dich liebte, und dass ich unfähig wäre, Deine Interessen zu verraten. Übrigens wusste sie nicht, dass ich mit Dir in vertrautem Briefwechsel stände, und vermutete daher, dass die Bedingung, welche sie mir auferlegte, hinreichen würde, alles das mit einem ewigen Stillschweigen zu bedecken; endlich ist es vielleicht besser, dass unter uns nichts Verborgenes mehr besteht, und das was uns trennen konnte, hat wahrscheinlich nur dazu gedient, uns näher zusammen zu führen. Ich endige meinen Brief, ungeduldig, dass er gleich abgegeben werde, denn die Post geht ab. Ich werde das nächste Mal den Deinigen beantworten, der mich dem Leben und der Hoffnung wiedergegeben hat. - Ich war leidend, ich fühle mich hergestellt.