XXVII. Liebesbrief
Ein trauriges Vorgefühl sagt mir, dass ich Dich niemals wieder sehen werde! Vielleicht ist es nur die Wirkung der beständigen Qualen, welche mir Deine Abwesenheit verursacht, und die verzweifelnde Ungewissheit worin Du mich lässt. Ich mache mich nicht zum Richter Deiner Handlungen; aber ich habe ein heiliges Recht, welches ich durch Dein Versprechen besitze; Du musst offenherzig gegen mich handeln. Erinnere Dich der Worte in dem Briefe, den ich auf meinem Herzen trage; Du hast mir darin gesagt: "Ich versichere Dich einer wahrhaften Freundschaft, "eines gänzlichen Vertrauens in Worten und Handlungen." Alma, hast Du dies Versprechen gehalten? Ich habe nur zu sehr Ursache dazu, den fürchterlichen Argwohn zu hegen, dass Du es gebrochen und vergessen haft, und ungeachtet des innigen Wunsches, dass ich mich getäuscht haben möchte, ist mein Unglück zu augenscheinlich, und lässt keine Möglichkeit zu, daran zu zweifeln. Alma, Du bist nicht verbunden, mir Deine Geheimnisse mitzuteilen, und ich werfe mich nicht zum Inquisitor Deines Daseins auf; aber warum haft Du mich nicht in Kenntnis davon gesetzt, dass unvorhergesehene Umstände Dich nötigten Paris zu verlassen, und Dir nicht erlaubten nach M... zu kommen! Du hattest den Gedanken wieder angefacht, dass es für mich ein Glück des Herzens geben könnte, ich schätzte Dein Wort gleich dem des Engels der Hoffnung! willst Du es Lügen strafen. Antworte mir, zögere keinen Tag; ich verlange es auch um Deiner selbst willen, damit Dein vortreffliches Herz ohne Vorwurf sei. Du hattest mir geschrieben, dass Du erfreut wärest, mich ruhiger zu sehen. Möge der Himmel Dich vor solcher Ruhe bewahren! Ja, Kraft meiner Anstrengungen über mich selbst, aufrecht erhalten durch den Glauben an die Freundschaft, die Du mir versprochen hast, und in der schwachen Hoffnung Dich wieder zu sehen, bemeisterte ich meine Schmerzen, und drückte mich mit mehr Ruhe aus. Aber ich verdiene mein jetziges Schicksal. Kommt es mir zu, zu lieben? ich, der ich auf der Erde lebe, wie ein aus einer anderen Welt dahin verschlagenes Wesen. Lebe wohl, Alma, lebe wohl, bezaubernder Traum eines unwahrscheinlichen Glücks.