IV. Liebesbrief
Glücklich der, welcher mit Dir offenherzig sprechen darf, und die Gewissheit besitzt, mit Freuden gehört zu werden! Habe ich mich dessen zu freuen? Darf ich mir schmeicheln, dass man Dir Muße lassen wird, Deine Gedanken auf Deinen Freund zu richten? Die meinigen rufen mir ohne Unterlass die traurige Stunde zurück, in welcher Du mir entrissen wurdest; eine Art Stumpfsinn ließ mich meine Lage anfänglich nur dunkel fühlen; aber als ein Teil des Tages verflossen war, als der Augenblick kam, wo es mir gewöhnlich erlaubt war, Dich zu besuchen, da glaubte ich, dass mein Herz unter dem Übermaße des Leidens brechen würde, welches mich nur dann verlässt, wenn ein Schlummer der Ermattung mich das Leben vergessen lässt. Alma! Deine angebeteten Reize haben die Ruhe meines Daseins zerstört; aber unglücklich sein, weil man Dich gekannt hat, heißt den Preis eines so hohen Glückes bezahlen, dass meine Seele sich darin gefällt, diesen Schmerz zu nähren; und wenn es mir selbst möglich wäre, die Macht zu erlangen, Dich zu vergessen, so würde ich sie als eine unselige Gabe von mir stoßen. Ich habe Deine von T... modellierte Büste erhalten; sie ist viel ähnlicher als irgend ein Bildnis von Dir. Meine Augen heften sich mit unsäglicher Rührung auf diesen schwachen Abglanz Deiner Schönheit; ich betrachte sie stundenlang, als könnten meine Blicke sie beleben, und wenn ein Sonnenstrahl ihre Züge färbt, so macht mich ein plötzlicher Zauber glauben, dass eine augenblickliche Bewegung sich auf ihren Lippen gezeigt hat; dann scheint mich das Leben zu verlassen um auf sie überzugehen. Lass mich wissen, meine geliebte Freundin, ob Deine Gesundheit nicht von der Schnelligkeit Deiner Reise gelitten hat, und ob Du mit Deinem Aufenthalte in London zufrieden bist. Ich erlaube mir nicht, Dich über Deine Empfindungen zu befragen; alle die meinigen gehören Dir; keine Aussicht könnte mich so sehr anziehen als die, welche mir die Mittel darböte, Dir meine aufrichtige und beständige Freundschaft zu beweisen; das Unglück würde mich nur insofern berühren, dass es mir die Macht dazu raubte; ohne Dich kann mich Nichts auf der Welt weder befriedigen, noch mir gefallen. Lasse mich es Dir wiederholen, dass ich Dich liebe; das erleichtert, und ich leide so sehr.