XXIX. Liebesbrief





Ich habe meine Kräfte überschätzt, als ich glaubte, dass Deine Freundschaft allein, ohne Hoffnung Dich wieder zu sehen, meinen Herzen genügen würde. Ich irrte mich. Diese Hoffnung, so schwach sie auch war, hielt mich aufrecht; jetzt wo ich sie ganz verloren, wo ich die Kräfte erschöpft habe, deren meine Seele fähig war, weiß ich nicht, was aus mir werden wird. Von einer verzehrenden Leidenschaft aufgerieben, welche Dein angebeteter Anblick nicht mehr erfrischt, zu einer Folter ohne Ende verurteilt, erhebe ich vergebens meine Stimme, Du hörst mich nicht. Das verhängnisvolle Schicksal, das ich verwünsche, hat an mir die Angst der Verzweiflung bis auf die Hefen erschöpft, es hat das Maß meiner Leiden voll gemacht, es hat mir Alma geraubt. Warum bin ich so unglücklich? Was habe ich getan, um die Qualen zu verdienen, welche ich empfinde? Warum verursachen mir alle anderen Güter der Erde nur Ekel? Alma, meine teure Alma, ich bin also verurteilt, fern von Dir zu vegetieren! Die Angst dessen, der im Grabe erwacht, und sich lebendig beerdigt sieht, ist fürchterlich; aber er stirbt doch in einigen Stunden, spätestens in einigen Tagen. Ich leide gleich ihm, und das Ziel meiner Qualen liegt in einer unbekannten Zukunft. Ich fühle mein Herz unter grausamen Schmerzen brechen, aber es schlägt für Alma; meine Gedanken sind nicht erloschen, und erheben sich zu ihr. Ich will ihr opfern bis zum letzten Funken des Feuers, das mich belebt. O Du! Seele meiner Seele, Du, mein Alles, fern von Deinen Augen gibt es für mich weder Freude, noch schmeichelhaften Erfolg, noch einen Augenblick der Ruhe! Lebe wohl, Alma, könntest Du so glücklich sein, als ich unglücklich bin, so würde Nichts Deiner Glückseligkeit fehlen.